Sinnhaftigkeit in der Arbeitswelt

Ein Gespräch mit Lorenz Affolter

In dieser Folge von Value Talks spricht Christian Hofstetter mit Lorenz Affolter, Arbeits- und Organisationspsychologe, über die Bedeutung von Sinnhaftigkeit am Arbeitsplatz. Erfahre, wie du durch Jobcrafting und echte Wertschätzung mehr Erfüllung in deinem Berufsalltag finden kannst.

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In der neuesten Episode von Value Talks begrüsst Christian Hofstetter einen spannenden Gast: Lorenz Affolter, promovierter Arbeits- und Organisationspsychologe und Dozent an der Berner Fachhochschule. Als Experte für Resilienz, Mindfulness und nachhaltige Karriereentwicklung teilt Lorenz seine wertvollen Erkenntnisse zum Thema Berufung und Sinnhaftigkeit in der Arbeitswelt. (Höre auch: Purpose als Anker in der Arbeit)

Lorenz Affolter hat vier Jahre lang intensiv zum Thema Berufung geforscht und dabei untersucht, wie Menschen ihre Arbeit als sinnvoll erleben können. Im Gespräch erklärt er, dass die Vorstellung einer einzigen, lebenslangen Berufung oft nicht der Realität entspricht. Vielmehr ist die eigene Berufung etwas Dynamisches, das sich im Laufe des Lebens entwickelt und verändert.

Eine beeindruckende Zahl, die Lorenz im Podcast nennt: Etwa 60’000 Stunden verbringt ein durchschnittlicher Schweizer oder eine durchschnittliche Schweizerin im Leben mit Arbeit. Diese Zeit kann man als Last empfinden – oder als Chance, etwas Sinnvolles zu tun.

Der Unterschied zwischen «Sinn von der Arbeit» und «Sinn in der Arbeit»

Ein wichtiger Punkt, den Lorenz Affolter hervorhebt, ist der Unterschied zwischen dem «Sinn von der Arbeit» und dem «Sinn in der Arbeit»:

  • Sinn von der Arbeit: Dies ist gesellschaftlich definiert, etwa durch die Vorstellung, dass Arbeit hauptsächlich dem Geldverdienen dient.
  • Sinn in der Arbeit: Dies ist der subjektive Sinn, den jeder Einzelne seiner Tätigkeit gibt – und hier haben wir grossen Gestaltungsspielraum.

Als Beispiel erwähnt Lorenz eine Reinigungskraft bei der NASA, die ihre Arbeit nicht als «Bodenwischen» verstand, sondern als «Beitrag zur Mondlandung». Diese Sichtweise zeigt, wie wir durch unsere eigene Haltung Sinn in unserer Arbeit finden können.

Praktische Tipps für mehr Sinnhaftigkeit im Berufsalltag

1. Jobcrafting anwenden

Jobcrafting ist ein wirksames Werkzeug, um mehr Sinnhaftigkeit in der eigenen Arbeit zu finden. Lorenz empfiehlt:

  • Liste deine täglichen Aufgaben auf und identifiziere, welche dir Freude bereiten und welche dich eher Energie kosten.
  • Versuche, den Aufgaben, die dir Freude bereiten, mehr Raum zu geben – zum Beispiel, indem du sie zu Beginn des Tages erledigst.
  • Bündle weniger angenehme Aufgaben und belohne dich danach.

2. Echte Wertschätzung kultivieren

Für Führungskräfte ist es wichtig, echte Wertschätzung zu zeigen. Das bedeutet mehr als nur gelegentliches Lob. Verschiedene Menschen haben unterschiedliche «Sprachen der Wertschätzung»:

  • Lob und Anerkennung (verbale Bestätigung)
  • Zeit und Aufmerksamkeit schenken
  • Unterstützung anbieten
  • Kleine Aufmerksamkeiten oder Geschenke

Als Führungskraft solltest du herausfinden, welche Sprache der Wertschätzung deine Mitarbeitenden bevorzugen.

3. Regelmässige Reflexion einplanen

Nimm dir mehrmals im Jahr (etwa alle drei Monate) bewusst Zeit für Reflexion:

  • Was war in den letzten Monaten für dich sinnhaft?
  • Wo möchtest du in Zukunft mehr Energie investieren?
  • Geh spazieren, am besten in der Natur, um den Kopf freizubekommen.

Die Schattenseite der Sinnsuche

Ein interessanter Aspekt, den Lorenz gegen Ende des Gesprächs erwähnt: Die übertriebene Suche nach Sinnhaftigkeit kann auch kontraproduktiv sein und Druck erzeugen. Es ist völlig in Ordnung, wenn nicht jeder Aspekt deiner Arbeit zu 100% sinnhaft ist. Manchmal ist Arbeit auch einfach ein Job – und das ist okay.

Buchtipps

Im Podcast wird folgendes Buch erwähnt:

  • «The Five Languages of Appreciation in the Workplace» von Gary Chapman und Paul White – Ein wertvolles Werk für alle, die verstehen möchten, wie unterschiedlich Menschen Wertschätzung erleben und ausdrücken.

Fazit

Sinnhaftigkeit in der Arbeit ist kein fester Zustand, sondern ein fortlaufender Prozess der Gestaltung und Reflexion. Mit den Werkzeugen des Jobcraftings, echter Wertschätzung und regelmässiger Selbstreflexion kannst du deine 60’000 Arbeitsstunden bereichernder und erfüllender gestalten.