Ein Gespräch mit Philippe Arnez
Hast du dich schon einmal völlig in eine Tätigkeit vertieft, das Zeitgefühl verloren und gemerkt, dass plötzlich Stunden vergangen sind? Dann warst du im Flow! Wie du diesen produktiven Zustand häufiger in deinen Arbeitsalltag bringen kannst, erklärt Philippe Arnez, Gründer und Head Coach bei Culture for Flow, im Gespräch mit Christian Hofstetter, in der neuesten Folge von Value Talks.
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Was ist Flow?
Flow ist ein Zustand, in dem wir extrem fokussiert sind, das Zeitgefühl verlieren und völlig in eine Tätigkeit eintauchen. Es ist ein besonderer neurobiologischer Prozess, bei dem bestimmte Teile des Gehirns, wie etwa selbstkritisches Denken, abgedämpft werden. Praktisch jeder hat diesen Zustand schon einmal erlebt – sei es bei der Arbeit, beim Sport oder beim Ausüben eines Hobbys.
Interessanterweise ist Flow nicht unbegrenzt möglich: Nach etwa drei Stunden braucht unser Gehirn eine Erholungspause, da dieser intensive Fokuszustand viele Ressourcen und Botenstoffe verbraucht.
Die Herausforderung im modernen Arbeitsumfeld
In unserer heutigen Arbeitswelt ist es besonders schwierig, in den Flow zu kommen. Ständige Unterbrechungen durch Meetings, Nachrichten und Kollegen verhindern längere Phasen konzentrierten Arbeitens. Philippe Arnez betont:
«Wenn man Studien und Statistiken anschaut, zeigt sich, dass die Leute wenig fokussierte Zeit am Arbeitsplatz haben. Alles wird unterbrochen von Arbeitskollegen, von Meetings, von Calls usw.»
Ein interessanter Aspekt: Während der Pandemie waren viele Menschen produktiver, weil sie ungestört von zu Hause aus arbeiten konnten.
Flow im Team erleben
Nicht nur einzelne Personen, sondern auch Gruppen können in einen Flow-Zustand kommen. Ein klassisches Beispiel dafür ist eine Jazzband, die gemeinsam improvisiert. Im Arbeitskontext sind es oft kreative Meetings mit einer bestimmten Problemstellung, bei denen alle Beteiligten:
- Investiert und motiviert sind
- Sich sicher fühlen (psychologische Sicherheit)
- Ihre Meinungen offen äussern
- Aktiv teilnehmen
Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, entsteht eine «Aufwärtsspirale» von Ideen und die Zeit vergeht wie im Flug. (Höre auch: Grossartige Teams – Was macht sie aus?)
Voraussetzungen für Flow
Für den Flow-Zustand sind mehrere Faktoren entscheidend:
- Intrinsische Motivation: Du musst von dir aus etwas schaffen wollen und den Sinn dahinter sehen.
- Autonomie: Freiheit in dem, was und wie du etwas machst.
- Balance zwischen Herausforderung und Fähigkeiten: Wenn die Herausforderung deine Fähigkeiten leicht übersteigt, ist die Chance auf Flow am grössten.
Diese Balance ist besonders wichtig: Bei zu grosser Herausforderung oder Zeitdruck führt es zu Stress und Burnout, bei zu geringer Herausforderung zu Langeweile.
3 praktische Tipps für mehr Flow im Alltag
1. Kontrolle über die Technologie gewinnen
Deaktiviere alle Push-Benachrichtigungen auf deinem Smartphone und Computer. Jede Ablenkung unterbricht deinen Fokus und macht es schwieriger, in den Flow zu kommen. Philippe Arnez hat auf seinem Handy alle Benachrichtigungen deaktiviert – es leuchtet und blinkt nie, egal ob im Arbeitsumfeld oder im Privaten.
2. Fokusblöcke planen und vorbereiten
Reserviere dir feste Zeitblöcke (idealerweise 1-2 Stunden) in deinem Kalender für fokussiertes Arbeiten. Wichtig dabei:
- Plane konkret, woran du in dieser Zeit arbeiten wirst
- Bereite dich darauf vor (z.B. am Freitag für die kommende Woche)
- Finde einen ungestörten Ort oder nutze Hilfsmittel wie Noise-Cancelling-Kopfhörer
Ein unspezifischer Zeitblock allein reicht nicht aus – du musst einen Plan haben, sonst verschwendest du Zeit mit Überlegen und wirst dich selbst ablenken.
3. Auf physische Erholung achten
Auch wenn Flow ein psychologischer Zustand ist, ist unsere körperliche Gesundheit entscheidend dafür. Regelmässiger Sport, ausreichend Schlaf und gesunde Ernährung bilden die Grundlage für deine Fähigkeit, in den Flow zu kommen.
Philippe Arnez betont hier die Mitverantwortung der Arbeitgeber: «Nur ein gesunder Mitarbeiter ist ein guter Mitarbeiter.» Er erwähnt das Beispiel einer Firma mit «U2U Fridays» (You to You), an denen die Mitarbeitenden einen bezahlten Tag bekommen, um das zu tun, was sie brauchen – sei es Sport, Weiterbildung oder einfach Entspannung.
Fazit
Flow-Zustände zu erleben ist nicht nur produktiv, sondern fühlt sich auch gut an. Mit den richtigen Rahmenbedingungen und etwas Planung kannst du die Chancen erhöhen, häufiger in diesen besonderen Zustand zu kommen – sowohl allein als auch im Team.
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